Hello All,
Herbststimmung lässt frösteln. Auf die erste frostige Nacht dieses Jahres folgte ein Brief meiner Kraftfahrzeugversicherung. Mit der frostigen Ankündigung, meine Pkw-Haftpflichtversicherung 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 154 Euro anzuheben. Wegen „erhöhter Werkstattpreise“ und anderen Preissteigerungen. Immer noch ein echtes Schnäppchen, da ich in der höchsten Schadensfreiheitsklasse unterwegs bin.
Kein Wort über den unausgesprochenen Seniorenzuschlag, der die Prämie im Alter unerbittlich nach oben puscht. Für einen Mitsiebziger macht der altersabhängige Risikozuschlag inzwischen ca. 50% aus, wie ich aus glaubwürdigen Quellen entnehme. Wer sich mit achtzig noch ein Auto leistet, zahlt über 100% Risikozuschlag in der Haftpflichtversicherung.
Man könnte sich ab Mitte siebzig vom Auto trennen und sich stattdessen auf ein Fahrrad, gar E-Bike schwingen. Damit vermiede man zwar erhöhte Versicherungsbeiträge, aber nicht das höhere Unfallrisiko. Selbst daheimbleiben scheint keine sichere Option zu sein. Der häufigste Unfallort für Senioren sind die eigenen vier Wände, wo Treppen, Teppiche und glitschiges Herbstlaub uns Senioren auflauern. Altern ist gefährlich, und unsere Versicherungen berechnen kühl unser Gefährderpotential. Respektvoll verschwiegen, aber versicherungstechnisch „eingepreist“.
Dann eben verreisen! Auf in die wahren Altenparadiese, die „Blauen Zonen“. Regionen, in denen empirisch gesichert weit überdurchschnittlich viele Hundertjährige leben. Dort müsste es doch auch dem gereiften Touristen gut ergehen. Z.B. in Loma Lina in Kalifornien oder in Nicoya in Costa Rica oder in Ikaria in Griechenland.
Mich reizt schon seit langem Okinawa, die südlichste Provinz Japans. Eine subtropische Präfektur 1600 Km südlich von Tokio, auf ein Dutzend kleinerer Inseln im Pazifik verstreut, bedeckt von üppigem Grün, umrandet von türkisfarbenen Stränden und Korallengärten; das Hawaii Nippons. In keiner anderen der Blauen Zonen liegt der Anteil der über Hundertjährigen höher: auf 100.000 Einwohner kommen 81 Hochbetagte; doppelt so viel wie im überdurchschnittlich langlebigen Japan mit 48 Hundertjährigen von 100.000 Einwohnern; (zum Vergleich Deutschland 25 zu 100.000).
Mit Okinawa verbinde ich ländliche Idylle, geduldige Biobauern, aber auch Perl- und Muscheltaucherinnen, unter ihnen ebenfalls manche Hochbetagte. Einschlägige TV-Dokumentationen und Literatur befeuerten meine Sehnsucht. Okinawa rutschte auf eine Topposition meiner Reiseliste. Dort Schnorcheln, wo einheimische Freitaucher selbst im Alter beruflich Algen, Perlen und Schwämme ernten – ein Traum würde wahr.
Bis mich eine andere Seite der Realität Okinawas wachrüttelte. Die Bootsausflüge für Schwimmer und Schnorchler zu den Korallengärten Okinawas sind mit einer Altersbegrenzung versehen. Je nach Anbieter liegt das Höchstalter der Teilnehmer bei 60 oder 65 Jahren. Ein ganz mutiger Anbieter lässt noch siebzig Jährige an Bord, vielleicht aber nicht mehr ins Wasser. Schluss. Auch gegen höhere Gebühren, Haftungsausschluss oder Vorschwimmen – nichts zu machen. Zu alt. Von wegen Altenparadies.
Der Bootsausflug von Naha zu den gepriesenen Korallengärten bei Kerama-Island hätte ca. 150 Euro gekostet. Die spare ich mir für die hiesige Kfz-Prämienerhöhung. Immerhin, hier darf ich noch fahren, selbst wenn es mehr kostet. Allmählich auch mehr Überwindung und Schuldgefühl, so alt und doch voller Bewegungsdrang zu sein.
Euer Global Oldie
Der Beitrag Zu alt, selbst in Okinawa erschien zuerst auf Seniorenmagazin sechs+sechzig.