Die Krankheit begann bei Anne Z., damals 57, fast unmerklich: Sie war als Erzieherin Leiterin eines Heimes, war lebenslustig, liebte ihre Familie, galt als engagiert und fähig. Doch dann begann Sie, Termine zu verschusseln, wurde fahrig, unkonzentriert. Auf Betreiben ihrer Kolleginnen ging sie zum Arzt, der dann einen »Burnout« bei ihr diagnostizierte.
Erst wesentlich später, so erzählt Konstanze Pilgrim, Diplom-Sozialpädagogin und systemische Beraterin bei der Fachstelle für pflegende Angehörige und Demenzberatung in Nürnberg, nachdem sich erwies, dass Anne Z. nicht mehr arbeitsfähig war, bekam sie schließlich die Diagnose: »Demenz vom Alzheimer Typ (DAT)«. Diese Diagnose war für ihre Familie niederschmetternd, gleichzeitig aber auch erleichternd, denn nun wurde klar, dass Anne Z. nicht unwillig oder gar faul, sondern krank war. Ihr Mann konnte früher in Rente gehen, um sich um seine Frau zu kümmern, ihre drei Töchter, alle über dreißig, versuchen nach Kräften den Vater zu entlasten.
So viel guter Wille in dieser Familie vorhanden sei, die Krankheit stelle ohne Zweifel eine hohe Belastung für die Angehörigen dar, meint Konstanze Pilgrim. Der Patientin selbst fehlt überwiegend die Einsicht in ihre Krankheit, sie versteht nicht, dass sie für ihren Ehepartner manchmal anstrengend ist.
Dies ist die Geschichte einer Frau, die vergleichsweise jung an Demenz erkrankt ist. In Deutschland leben mehr als 100.000 Menschen im Alter zwischen 45 und 64 Jahren, die davon betroffen sind. In Mittelfranken gibt es 900, in Nürnberg etwa 150 Betroffene. Rund ein Drittel dieser Menschen leidet unter einer frontotemporalen Demenzerkrankung, die anderen unter einer frühen Form der Alzheimer-Erkrankung.
Die jüngsten Patienten erkranken bereits im dritten Lebensjahrzehnt, manche erst im fortgeschrittenen Lebensalter.
Erste Signale könnten Vergesslichkeit, Unkonzentriertheit, Rückzug oder Depression sein, sagt Konstanze Pilgrim. Manchmal, speziell bei einer frontotemporalen Demenz, wird eine Veränderung der Persönlichkeit auffällig. Es kann insbesondere zu Teilnahmslosigkeit, auch Reizbarkeit, Taktlosigkeit oder Enthemmung kommen. Bei manchen Patienten äußert sich die beginnende Erkrankung auch in ausgeprägten Sprachstörungen, vor allem Wortfindungs- und Benennstörungen.
Ursachen liegen im Dunkeln
Nun kennt man zwar die Auswirkungen der Krankheiten ziemlich genau, doch ihre Ursachen liegen immer noch im Dunkeln. Folglich, so Konstanze Pilgrim, gibt es keine Arzneien, die heilen, sondern nur solche, die den Verlauf verzögern oder die Symptome mildern können. In jedem Fall ist aber eine Diagnosestellung sehr wichtig. Da die Krankheit in jüngeren Jahren eher selten ist, kommt es auch zu Fehldiagnosen, wie Burnout oder Depression.
Dabei sind die Konsequenzen dieser Früherkrankungen häufig dramatisch. Sie geht oft mit dem Verlust des Arbeitsplatzes einher. Die Angehörigen fühlen sich überfordert, Kinder sind oft belastet und wissen nicht, wie sie mit dem »komisch« gewordenen Vater oder der Mutter umgehen sollen.
In Nürnberg kümmert sich die Angehörigenberatung um Familienmitglieder und Freunde von Menschen mit Demenz. Sie bietet Seminare und Gesprächsgruppen sowie Freizeitveranstaltungen an. Dabei können sich Angehörige kennenlernen und ihre Erfahrungen austauschen. So gab es schon Ausflüge in den Nürnberger Tiergarten oder an den Brombachsee.
Auch gibt es den sogenannten »Daughters Day«, der sich an die Töchter von Betroffenen richtet. Diese nehmen sich oft besonders stark zurück, weil sie glauben, der pflegende Ehepartner des Patienten sei noch viel stärker von der Situation belastet als sie selbst. Die Töchter sind, so Konstanze Pilgrim, in der Regel Anfang 20 bis Mitte 30, stehen am Anfang einer Berufskarriere oder haben gerade eine Familie gegründet. Sie bedürfen der Hilfe durch Zuspruch und Beratung.
Text: Werner vom Busch/Foto: privat
Information
Die Nürnberger Angehörigenberatung wird teilweise von der Stadt Nürnberg, vom Land Bayern und projektbezogen auch von der Alzheimer-Gesellschaft Mittelfranken finanziert. Eigene Mittel werden vor allem durch Fortbildungen generiert. Angehörigenberatung e.V. Nürnberg, Adam-Klein-Str.6, 90429 Nürnberg, Tel. 0911 272 373 0 oder www.angehoerigenberatung-nbg.de
Der Beitrag Besondere Betreuung für Demenz in jungen Jahren erschien zuerst auf Seniorenmagazin sechs+sechzig.